golf mit hindernissen – von RALF SOTSCHECK>


Ich habe das Alter erreicht, in dem man anfangen könnte, Golf zu spielen. Ich mag eigentlich keine Sportarten, bei denen man das Ziel nicht erkennen kann. Beim Fußball stehen Tore, beim Basketball hängen Körbe, und beim 100-Meter-Lauf sieht man am Start die Ziellinie. Beim Golf aber kann man am Abschlag das Loch nur vermuten, es liegt irgendwo hinter den sieben Bergen bei den sieben Zwergen.


Zum Glück gibt es die Anfängerversion, um die echte Golfer einen großen Bogen machen. Sie hat auch 18 Löcher, aber die sind nur 50 bis 70 Meter vom Abschlag entfernt. Das Spiel heißt „Pitch and Putt“ – auf deutsch: „abschlagen und einlochen“. Wenn es denn so einfach wäre. Zwischen beiden Ereignissen liegen jede Menge peinlicher Schläge auf unwegsamem Gelände.


Witzbildchenzeichner TOM, mit Freundin Annette und Kollegen Wolfgang auf Irlandreise, verschaffte sich einen unfairen Vorteil: Er hatte mir am Abend zuvor Himbeerbrand eingeflößt. Sein Plan ging zunächst auf. Der Platz im westirischen Doolin ist wunderschön gelegen – direkt am Meer mit Blick auf die Klippen von Moher. Ich dagegen konnte kaum den Ball erkennen. Er erinnerte mich an eine Himbeere.


Bei jedem meiner Schläge flog zur Belustigung meiner Konkurrenten ein Stück Rasen in die Luft. Ich spiele eben einen US-amerikanischen Stil, behauptete ich. Dabei, so hatte ich gelesen, hauen die Spieler unter den Ball, um eine höhere Flugbahn zu erzielen. Tiger Woods hat diesen Stil perfektioniert, ich war noch nicht ganz so weit. Aber bei uns beiden musste jedes Mal etwas Rasen dran glauben. Woods´ Ball landete jedoch fast immer auf dem Green, während meiner bisweilen im Wassergraben ertrank oder unauffindbar verschwand. Einmal, bei Loch 8, schaffte ich es mit einem Schlag auf das Green – allerdings auf das von Loch 7.


Die US-amerikanische Spielweise, die sich immer mehr durchsetzt, ist ein großes Problem für den Platz im schottischen St. Andrews, wo Golf erfunden wurde. „Ein Golfer haut pro Runde durchschnittlich 30 Kuhlen in den Rasen“, sagte Gordon Moir, der Oberplatzwart. „Bei 200 Runden am Tag kommt eine erschreckende Zahl von Kuhlen zustande. Wenn es die Golfspieler nicht gäbe, hätten wir den perfekten Golfplatz.“


Die Kuhlen auf dem Pitch-and-Putt-Platz in Doolin waren mein geringstes Problem. Den Tiefpunkt erreichte ich beim neunten Loch. Der Ball landete in einem riesigen Kuhfladen. So etwas findet man in St. Andrews bestimmt nicht. Beim Versuch, den Ball herauszulöffeln, schlug ich zu fest zu, so dass ich plötzlich Sommersprossen hatte, was TOM fotografisch festhielt. Doch dann begannen die Anti-Kater-Tabletten zu wirken.


Die zweite Hälfte der Golfrunde verlief tadellos, so dass ich am Ende gemeinsam mit Tom auf den zweiten Platz kam. Wolfgang war allerdings uneinholbar enteilt. Er spielte ein Familienduell gegen seinen Bruder, der auf dem selben Platz drei Wochen zuvor 89 Schläge benötigt hatte. Wolfgang schaffte nach großem Nervenkitzel in 88 Schlägen und schickte seinem Bruder noch auf dem Green eine Textnachricht. Die Antwort kam prompt: „Ich hatte nur 87 Schläge gebraucht.“ Abends flößten wir Wolfgang den Rest des Himbeerbrandes ein.

 

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